Tibet Terrier Lhahi-ma
Ein für mich sehr gut geschriebener Artikel! Einige Themen habe ich nur als Überschrift übernommen, ein *klick* auf die Quellenangabe am Ende und sie gelangen zu dem ursprünglichen Artikel mit allen FAQ´s.
FAQ zum Thema Kastration beim Hund von Martin Rütter 21.01.2019
Warum werden Hunde kastriert?
Kastration – Sterilisation, wo ist da der Unterschied?
Kann eine Kastration Verhaltensprobleme lösen?
Diese Frage kann nicht pauschal mit Ja oder Nein beantwortet werden. Sind die entsprechenden Verhaltensweisen durch die Sexualhormone beeinflusst, kann eine Kastration in manchen Fällen zu Verhaltensänderungen führen. Sind die Verhaltensweisen aber erlernt oder Ausdruck einer fehlenden Erziehung wird eine Kastration zu keiner Veränderung führen und in manchen Fällen sogar zu einer Verschlimmerung.
Sollte die Hündin während ihrer Läufigkeit zum vermehrten Streunen neigen und der Rüde ständig auf Freiersfüßen wandeln und dann zu Urinmarkieren im Haus neigen, vermehrt Jaulen, unruhig sein und kaum noch Fressen, dann kann eine Kastration hilfreich sein. Auch bei der echten Hypersexualität des Rüden verschafft die frühzeitige Kastration eine Verbesserung des Verhaltens. Das vermehrte Aufreitverhalten der meisten Junghunde ist meist aber nicht sexuell motiviert, sondern dient oft dem Stressabbau in Konfliktsituationen oder entsteht aus Langeweile. Es kann auch eingesetzt werden, um einen vermeintlichen Konkurrenten in seiner Bewegungsfreiheit einzuschränken. Daher ist es nötig, genauer hinzuschauen, wenn der eigene Hund einen Artgenossen besteigt. Ist vorher wenigstens ansatzweise irgendeine Form von Balzverhalten zu erkennen? Beschnüffelt und leckt der entsprechende Vierbeiner ausgiebig im Anal- und Genitalbereich seines Gegenübers und aktiviert sein Jacobsonsches Organ, erkennbar am zähflüssigen Absondern von Speichel in Kombination mit Zähneklappern und leichtem Kräuseln der Oberlippe? Falls nicht, handelt es sich in den meisten Fällen auch nicht um ein sexuell motiviertes Aufreiten und eine Kastration führt eher zu keiner Veränderung oder sogar zu einer Verschlimmerung im Aufreitverhalten.
Auch beim Thema Aggression und Kastration ist Vorsicht angesagt. Die Entstehung des Aggressionsverhaltens bei Hunden ist multikausal, d.h. oft gibt es nicht den einen Grund für das aggressive Verhalten. Sollte der eigene Rüde jedoch eine erhöhte Aggressionsbereitschaft nur gegenüber anderen potenten Rüden zeigen, mit Hündinnen oder nicht geschlechtsreifen und kastrierten Rüden keine Probleme haben, kann die Kastration zu einer Verhaltensänderung führen. Auch wenn zwei intakte Rüden gemeinsam in einem Haushalt leben, sich als sexuelle Konkurrenten sehen, es daher zu massiven Beißvorfällen kommt und eine Abgabe einer der beiden Rüden nicht möglich ist, kann die Kastration des Rüden mit dem geringeren Führungsanspruch sinnvoll sein. Diese muss dann aber bei den ersten Anzeichen frühzeitig geschehen, um das beginnende Aggressionsverhalten entsprechend zu reduzieren.
Verändert die Kastration das Wesen meines Hundes?
Durch die Kastration kommt es zu sofortigen hormonellen Umstellungen beim Hund. Die Verbrennungsleistung in der Zellatmung geht zurück und dadurch wird der Grundstoffwechsel um ca. 30% verringert. Einige Hunde erscheinen nach einer Kastration daher träger, brauchen sie doch jetzt nicht mehr so viel Energie. Testosteron und Östrogen haben darüber hinaus auch eine appetitdämpfende Wirkung, so dass bei vielen Hund nach der Kastration das Sättigungsgefühl später eintritt. Diese Veränderungen bedingen eine veränderte Fütterung des Hundes, ansonsten kommt es zu Übergewicht. Die Umstellung auf ein energiereduziertes Futter ist daher anzuraten. Falsch ist es, die Futtermenge einfach zu reduzieren, da somit auch die Menge an den lebensnotwendigen Mineralien, Vitaminen und Spurenelementen im Futter verringert wird und es zu Mangelerscheinungen führen kann.
Das Temperament des Hundes verändert sich nach der Kastration aber kaum. Daher bleiben viele kastrierte Hunde auch weiterhin sehr bewegungsfreudig und aktiv.
Einige kastrierte Rüden zeigen nach einer Kastration eine gesteigerte Aggression gegenüber gruppenfremden Lebewesen, wenn sich Jungtiere (dies schließt auch menschlichen Nachwuchs ein) in der eigenen Gruppe befinden. Grund dafür ist die nun vermehrte Wirkung des Prolaktins, das für das Brutpflegeverhalten verantwortlich ist.
Bei allen Verhaltensweisen, die Cortisol gesteuert sind, wird eine Kastration das gezeigte Verhalten eher verschlimmern, da die Geschlechtshormone als Gegenspieler zum passiven Stresshormon Cortisol fungieren. Futter- und Angstaggressionen sowie eine eher defensive motivierte Territorialverteidigung wird verstärkt gezeigt bzw. durch eine Kastration nicht beeinflusst. Da Cortisol auch mit der Entstehung einer echten Trennungsangst zu tun hat, kommt es auch in diesem Bereich zu einer Verschärfung der Problematik.
Ebenso wenig wird sich das Jagdverhalten nach einer Kastration nicht zum Wohle des Halters verändern. Vielmehr zeigen viele Hunde nach der Kastration ein gesteigertes Interesse am Verfolgen von Beutetieren, denn die Sexualhormone wirken eher dämpfend auf die Jagdleidenschaft des Hundes. Nehme ich meinem stark jagdlich motivierten Hund also die Geschlechtshormone, so kann sich dieser nun vermehrt dem Suchen und Hetzen widmen.
Auch bei Hündinnen, die sich ganzjährig sehr rüpelhaft gegenüber Artgenossen jeglichen Geschlechts und Alters zeigen, führt die Kastration eher nicht zu einer Verbesserung sondern in einigen Fällen sogar zu einer Verschlimmerung. Diese „Rüdinnen“ zeigen eher männliches Verhalten, sie heben zum Markieren das Bein und kümmern sich intensiv um die Revierverteidigung. Grund dafür ist der vorgeburtliche Einfluss des mütterlichen Testosterons, da dieses plazentagängig ist. Aber auch die Lage des weiblichen Embryos in der Gebärmutter kann solche vermännlichten Hündinnen erzeugen. Liegt die Hündin nämlich zwischen mehreren männlichen Geschwistern, kann über die Nabelschnur das von den Brüdern produzierte Testosteron in den Blutkreislauf der Schwester gelangen und dort zum Ende der zweiten Schwangerschaftswoche seine volle Wirkung entfalten. Der Programmierung des Gehirns in Richtung männlicherem Verhalten steht dann nichts mehr im Weg. Kastriere ich eine solche Hündin, nehme ihr also den hormonellen Gegenspieler, das Östrogen weg, hat das eigen produzierte Testosteron freie Bahn – mit all seinen negativen Wirkungen für den Halter.
Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass eine Kastration Wesensveränderungen herbeiführen kann. Diese können aber weder für den Halter noch für den betreffenden Hund positiv ausfallen. Daher muss in jedem Fall eine Einzelbetrachtung durchgeführt werden, um Vor- und Nachteile einer Kastration gegenüberzustellen und die eventuell nachfolgenden Wirkungen zu berücksichtigen.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Kastration?
Welche Nebenwirkungen können durch eine Kastration auftreten?
In welchen Fällen ist eine Kastration zwingend erforderlich?
Gibt es Alternativen zur chirurgischen Kastration?
Woran sollte ich nach einer Kastration denken?
Fazit